Aus DGoZ 1+2/2000

Wir beide: Go und ich

Go-Erinnerungen, mitgeteilt von Bruno Rüger

Zusammengefaßt von Erwin Gerstorfer


Da ... ich in den letzten 55 Jahren doch mancherlei erlebte, was mit dem Go in engstem Zusammenhange steht, will ich ... die allmähliche Entwicklung unseres schönen Spieles in Deutschland noch einmal ... überschauen ...

Ich las das Wort "Go" zum erstenmal im Jahre 1911;... Ich war damals ein eifriger Schachspieler und hatte da auch einige Erfolge. ... eines nachmittags im Schachlokal ... fand ich als literarische Neuerscheinung angezeigt: "L. Pfaundler. Das chinesisch-japanische Go-Spiel, eine systematische Darstellung und Anleitung zum Spiel desselben". Da kam mir der Gedanke: Vielleicht wäre das etwas! Ich hatte zwar, wie ich eben erwähnte, genug Beschäftigung mit dem Schach, aber ich dachte weiter! Ich hatte nämlich ein junges Mädchen kennengelernt, dessen Herzenswunsch es war, von mir geheiratet zu werden. Als gutmütiger Mansch versprach ich ihm das schließlich auch. Die Kleine war so glücklich darüber, daß sie mit mir und den beiderseitigen nächsten Verwandten ein Fest veranstaltete, Verlobung genannt. Mein Blick schweifte in die nahe Ferne, wo wir dann zu zweit in dem sogenannten trauten Heim sitzen würden. Da mußten wir ja schließlich auch mal etwas anders tun als uns dauernd tief in die Augen zu blicken, die Hände zu drücken oder andere Kurzweil zu treiben. ...

Ich ließ mir das Buch kommen und fragte in allen größeren Spielwarengeschäften nach einem Gospiel. Aber in der ganzen Stadt war keines aufzutreiben. Einen Plan hatte ich mir schnell auf Pappe gezeichnet; aber woher die Steine bekommen? Auch da ging ich wieder die einschlägigen Geschäfte durch und fragte nach Chips, den Spielsteinen, die bei dem "Flohhüpfen" verwendet werden. Ich brauchte natürlich nur schwarze und weiße; mit zwei oder drei Dutzend war der erste Laden ausverkauft. Im nächsten bekam ich wieder einige, die Größe stimmte zwar mit den zuerst erstandenen nicht genau überein, dafür waren aber die Farben etwas verschieden. Nach einer Woche hatte ich die erforderlichen 360 Stück zusammen, die mich ein paar Mark und ein Paar durchgelaufenen Schuhsohlen gekostet hatten.

Ich war natürlich sehr gespannt auf das neue Spiel, konnte nicht bis zu meiner Verheiratung warten und begann sofort mit dem "Selbststudium". Als dann die Hochzeit überstanden war und wir uns zum erstenmal ans Gobrett setzten, da war ich "ihr" in diesem Spiel genau so überlegen wie im Schach. Es gab schwierige Debatten.... sie verlor... Steine und bald darauf auch die Geduld. Als unsere Go-Gespräche immer ernstere Formen annahmen, beschlossen wir einstimmig, von diesem Spiel abzusehen. Und sofort strahlte wieder die Sonne friedlichsten Glückes an unserem ehelichen Himmel! ...

Trotz ihrer Abwendung vom praktischen Spiel hat aber meine Frau weder in dieser Zeit noch in den folgenden 50 Jahren jemals auch nur das kleinste Wörtchen gegen das Go oder gegen meine Begeisterung für dieses Spiel geäußert! ... Ich weiß, und jeder Gospieler wird das bestätigen können, ... daß es auch anders redende Ehefrauen gibt, die es gar nicht gern sehen, wenn "er" zum Gospielen geht oder daheim stundenlang über Partien oder Problemen brütet. Diese Anti-Go-Damen übersehen dabei aber, daß die Beschäftigung des Gemahls ein edler Sport ist und ein billiger; ... durch die Go-Kongresse [lernen sie] so manchen reizend gelegenen Kurort kennen, den sie niemals besucht hatte, wenn ihr Mann etwa nur Skatspieler gewesen wäre.

... kehren wir wieder zum Go zurück und zu seiner weiteren Entwicklung in Deutschland. ... Der Weltkrieg - später erhielt er die Nr. l,... war ausgebrochen. Meinem Vaterland war viel daran gelegen, daß ich möglichst bald daran teilnähme. ... Es hat aber nichts genutzt; Weil wir von Westen, Süden und Osten bedroht wurden und ich nicht überall zugleich sein konnte, ging der Krieg doch verloren. Zunächst brauchte ich aber nicht "hinaus", ...In der Freizeit ... spielte ich mit meinen Kameraden Go, natürlich nur auf kleinem Brett und erkannte dabei, wie leicht und schnell das Spiel zu erlernen ist. Mindestens die Hälfte aller Zimmerinsassen waren Go-Anhänger geworden.... Da ich zu Hause wohnen und essen konnte, kam ich mir wie ein halber Zivilist vor und hatte genügend freie Zeit, mich mehr und mehr dem Go zu widmen. Ich war begeistert von diesem Spiel und bedauerte es recht, daß es so wenig bekannt war. Da kam nur ein guter Gedanke, was ja jedem einmal passieren kann, bei mir aber leider nie wiederkehrte: Ich schrieb eine kleine Spielanleitung, nur für das Brett 13x13 geeignet, und sandte sie an den Verlag der Miniatur-Bibliothek in Leipzig.... Das Goheft war sogar eine Doppelnummer; es wurde mit 1 0 000 Stück aufgelegt und hat wesentlich dazu beigetragen, den Namen Go in Deutschland bekanntzumachen.

Da ich in dem Bändchen meine Adresse angegeben hatte, bekam ich mancherlei Zuschriften und Anfragen. ... Ich gab zwar meinen Lehrerberuf nicht auf, wandte mich aber gleichzeitig der Fabrikation von Go-Spielgerät zu. ... Es kam vor, daß an einem Tage mehrere versandt werden mußten! Alle Beteiligten arbeiteten im Interesse der guten Sache unentgeltlich und sind nie vermögende Leute geworden. Um recht viele Spiele abzusetzen, waren die Preise so niedrig gehalten, daß gerade die Unkosten gedeckt wurden, manchmal auch nicht.

Wenn das Geschäft mal etwas ruhiger ging, hatte ich Muße, das Pfaundlersche Lehrbuch gründlich zu studieren und stieß da auf mehrere Stellen, wo anscheinend ein Fehler in der Darstellung oder ein Druckfehler vorlag. Ich schrieb an den Verfasser, er gab mir recht und erwähnte dabei auch, daß er 1909 eine Gozeitung herausgegeben hatte, die aber der geringen Leserzahl wegen nach einem Jahr wieder eingegangen wäre. Er hatte noch einige Exemplare übrig. Ich bat flehentlich um eins und erhielt es auch postwendend ... und wie gründlich ich diese Zeitschrift studierte... Die in der ersten Nummer veröffentlichte Liste enthielt 46 Namen; darunter war auch Dr. Emanuel Lasker, der damalige Schachweltmeister. Soviel mir bekannt ist, leben [1965] von den 46 angeführten Gospielern nur noch zwei, der als Student bezeichnete Eduard Lasker, der jetzt zu den starken Spielern Amerikas gehört und der damalige Gymnasial-Oberlehrer Felix Dueball ...

Im nächsten Jahr erhielt ich eine Zuschrift von einem mir bis dahin unbekannten Herrn Wagner. ... Dieses Zusammentreffen mit Wagner war von großer Bedeutung für das deutsche Go; denn der neue Gofreund besaß nicht nur ein liebenswürdiges Wesen sondern auch eine jederzeit pralle Brieftasche; die Hauptsache aber war sein gutes Herz und seine offenen Hand. Er war stets bereit für Gozwecke "etwas auszugeben"; nie brauchte ich eine Bitte auszusprechen, er kam mir immer zuvor. Ich entwarf ein Werbeblatt für Go, er ließ es drücken, und wir versandten es an alle möglichen und unmöglichen Adressen. Der Erfolg war mäßig.

Inzwischen, das Jahr 1920 hatte begonnen, ... reifte in mir der Plan, ein ausführliches Lehrbuch zu schreiben. Um das Risiko des Verlegers zu mildern, hatte Gofreund Wagner 1000 M zu den Unkosten beigetragen ... Es war zwar den bisherigen Veröffentlichungen gegenüber ein gewaltiger Fortschritt, ein wirkliches Lehrbuch, war aber doch das Werk eines Anfängers.

Herr Felix Dueball, der das Go viel länger kannte als ich und der in Berlin immer Gelegenheit hatte, mit gleichstarken Partnern zu üben, war mir natürlich überlegen und half mir bei der Ausarbeitung meines Buches, vor allem bei der Glossierung der Partien. Da wir keine Übersetzung japanischer Go-Erläuterungen erhalten konnten, hatten wir beide das Wesen des Gospiels damals noch nicht richtig erfaßt.

Um diese Zeit ... besuchte ich zum erstenmal Herrn Dueball, natürlich mit großer Spannung; denn ich hatte noch nie einem stärkeren Spieler am Brett gegenüber gesessen. Es waren noch die beiden anderen Berliner Spitzenspieler anwesend, die Herren Dr. Lange und Holz. Jeder gab mir 4 Steine vor, ich verlor zwei Partien, gewann eine und war mit diesem Ergebnis recht zufrieden. ...

In das Jahr 1920 fiel noch ein anderes wichtiges Go-Ereignis: Ichließ die 1910 selig entschlafene Gozeitung wieder aufleben. Wagner und ich verschickten dazu ein Werbeblatt und wagten die Herausgabe, obwohl wir zunächst nur 45 Leser hatten. Die Zahl stieg Ende des Jahres auf 70; 1922 waren es 94, 1923 113. Viel weiter sind wir bis 1945 nicht gekommen. Von den 45 Beziehem des Jahrganges 1920 leben heute [1965] noch die Gofreunde F. Dueball, R. Grethlein, A. Rüger, B. Rüger und R. Sprague.... Ich schrieb den Text mit Autographentinte, er wurde auf einen Stein übertragen, von dem er dann beliebig vielmal abgezogen werden konnte. Auch die Diagramme mußte ich alle mit dieser Tinte zeichnen, eine umständliche Sache. ...

1921 ... schrieb ich [in Esperanto nach Japan] an ... Herrn Dr. Tsutsumi, der Gospieler war und mir als erster japanische Gobücher schickte. Die japanischen Zahlenzeichen sind ja leicht zu übertragen, und so konnte ich wenigstens Partien und Eröffnungen nachspielen, ohne leider die beigedruckten Erläuterungen zu verstehen.

Ich war immer noch Mitglied des Schachvereins und verwaltete sogar das Amt des Schriftführers. Dr. Lasker, der ehemalige Weltschachmeister, wollte eine Simultanvorstellung geben. ... Da [er schon] ... gegen 11 Uhr eintraf - ich hatte ihn erst nachmittags im Schachcafe erwartet -, mußte man ihm etwas zu essen vorsetzen ... Auf das Dessert freute ich mich am meisten. Es bestand aus einer Gopartie. ... deshalb hatte ich in meinem Schriftwechsel mit Lasker ihm für eine Partie Go mit mir eine Vergütung von M 20 angeboten. Ganz wohl war mir dabei nicht gewesen, man weiß ja nie, wie so etwas aufgenommen wird, aber ich wollte eben durchaus einmal mit ihm spielen. Ich gewann die Partie, die 20 M nahm er aber nicht an. Wenn ich später mit ihm und anderen Gofreunden zusammen war - Lasker nahm ja an mehreren unserer "Kongresse" teil -, da erzählte er gern die Episode: "Wissen Sie, daß mir Herr Rüger einmal für eine Gopartie 20 M angeboten hat?"...

Gofreund Wagner, unser erster Go-Mäzen, starb am 22. Januar 1922. Die deutsche Gowelt verlor ihren edelsten Gönner, die Dresdner Go-Gemeinde ihren eifrigsten und liebenswürdigsten Spieler und ich meinen stärksten Partner und besten Freund.

In der Gozeitung brachte ich den Vorschlag, da die japanischen 9 dan- und 9 kyu-Grade für uns nicht genügten, alle Gospieler in 50 Klassen einzuteilen: 1-9: Meister, 10-25: starke Spieler, 26-41: mittelstarke Spieler, 42-50: schwache Spieler. Die jetzt [1965] noch lebenden Spieler standen damals in folgenden Klassen: F. Dueball 23, B. Rüger 26, Sprague 27, A. Rüger 29, W. Noack 45.

Nun kam für Deutschland und auch für unser Go wohl die schlimmste Zeit: die Inflation! ... Ich habe zwei Weltkriege und eine Inflation erlebt, drei Schicksalsschläge, einer schlimmer als der andere, aber die Inflation hat mich am meisten erschüttert. Nie wieder sind so viele Selbstmorde vorgekommen wie in dieser Zeit!

Bei der Gozeitung wirkte sich die Teuerung verheerend aus. Während der Jahrgang 1921 noch 12 M kostete, waren für 1922 25 M zu zahlen. Die erste Beitragsrate für 1923 betrug 300 M, die zweite Rate 1000 M, die dritte 37000 M. Es mußten dann noch zwei weitere Nachzahlungen für das laufende Jahr gefordert werden, die in die Hunderttausende gingen! Ehe die geforderten Beträge in meine Hände kamen, waren sie stets längst überholt. Ich weiß nicht, wie viele Millionen ich in diesem Jahr zugesetzt habe, rechneten wir doch zuletzt sogar mit Billionen, aber ich freue mich heute noch und bin sogar ein wenig stolz darauf, daß ich in dieser schweren Zeit, als fast alle anderen derartigen Zeitschriften eingegangen waren, unsere Gozeitung durchgehalten habe.

Mit dem Jahre 1924 begannen dann wieder normale Geldverhältnisse. In diesem Jahre brachte ich in der Go-Zeitung auch eine Mitteilung über die erste Erwähnung des Go in der deutschen Literatur. ... [Daß man] 1616, also kurz vor Ausbruch des 30jährigen Krieges in einem deutschen Buch [im Schachwerk von Gustavo Seleno] etwas über unser Spiel lesen konnte.... Die erste ausführliche Darstellung in deutscher Sprache erschien 1881.... Der Verfasser, 0. Korschelt, lebte von 1876 an in Japan, 1886 kehrte er nach Deutschland zurück und hielt sich in Leipzig auf, wo ich ihn einmal besuchte,... um mit ihm Go zu spielen. Da er schon 20-25 Jahre vorher aus Japan zurückgekehrt war, stand er nicht so in der "Materie" wie ich, und so kam es, daß ich die erste Partie leicht gewann, die zweite freilich verlor mein Gegner.

In der Leserliste dieses Jahres erscheint zum erstenmal der Name Fritz John, damals Klasse 35; er soll aber jetzt [1965] besser spielen. Sein Vater, der deutscher Schachmeister war, spielte in Kl. 28.

1924 fand das erste deutsche Go-Tumier in München statt. ... mit 12 Teilnehmern! Ich nenne nur die bekanntesten Namen, den allerbekanntesten lasse ich aber weg. 2. Sieger war Strohmeyer, 3. Abele, 4. Schieck, 8. Grethlein, 10. Rosenwald. Auch ... war es einige Jahre zuvor zur Gründung der Münchner Gogruppe gekommen. Dort spielte ein junger Rechtsanwalt [Herr Troll] regelmäßig mit seinem Freunde Go ... und diese ... bildeten die Keimzelle des Münchner Gozirkels. Sie spielten in einem Schachverein, wo die zuschauenden "Schächer" bald Interesse zeigten und die Gogemeinde wuchs.

Im Anschluß an das Münchner Turnier fand auch ein Femturnier auf dem 15er Brett statt. Um den Teilnehmern die Portokosten zu ermäßigen, ließ ich alle Züge an mich senden und schrieb nun die Antworten um. Das war eine Heidenarbeit! ... Das Turnier war nach 25 Monaten beendet.

In Berlin, wo mehr Japaner waren als in anderen Städten, wurde in dieser Zeit die Verbindung mit den dortigen deutschen Spielern aufgenommen. Die japanischen Herren besuchten das Berliner Spiellokal, damals Cafe Zielka, Leipziger Straße, und die Berliner Spieler waren umgekehrt im japanischen Club zu Gaste. Als Sensation wird in derJuni-Nummer der Go-Zeitung vom Jahre 1925 berichtet, daß gleichzeitig an 7 Brettern zwischen den Nationen gekämpft worden ist und daß der Unterschied der Spielstärke nicht bedeutend gewesen ist. ...

In der Juli-Nummer des Jahres 1925 war wieder ein gewaltiger Fortschritt in der deutschen Gobewegung festzustellen: Ich brachte eine Eröffnung mit vier Vorgabesteinen, einem japanischen Lehrbuch entnommen, deren Erläuterungen von Herrn Prof. Nonnenmacher, Wien, ins Deutsche übertragen worden waren! ... Er hat nicht Hunderte, sondern Tausende von Seiten japanischer Gobücher übertragen. Viele meiner Veröffentlichungen fußen auf seinen Übersetzungen. Wo wären wir heute noch mit unseren Go-Kenntnissen, wenn dieser liebenswürdige Gelehrte nicht Tausende Stunden seiner Freizeit dem Go gewidmet hätte! Und nicht einen Pfennig hat er dafür genommen! Die heutige Go-Jugend kann sich durch die japanisch-englischen Gotexte fortbilden; wir Älteren aber haben erst durch Nonnenmachers Übertragungen den wahren Geist des Gospiels erfaßt und wären alle ohne ihn um einige Klassen zurückgeblieben!

Anfang 1927 ... gab [ich] in der Gozeitung bekannt, daß ich meinen Sommerurlaub in Ilmenau in Thüringen verbringen wollte. ... das Geburtsjahr der Go-Kongresse! Die Teilnehmer konnte man bequem mit einem Auge übersehen.... die Gofreunde Dueball, Fröschl, Grethlein, Dr. Lasker, Dr. Rosenwald und B. Rüger. ...

Im Jahre 1929 erhielt ich die erste Go-Nachricht aus Amerika. In Philadelphia hatten sich 12 Herren zu einem

Go-Zirkel zusammengeschlossen. ...

1930 erschien eine 64seitige Schrift in Großformat: "Das Vorgabespiel beim Go. ..... Da ich damals noch finanzschwächer war als heute, konnte ich nur eine kleine Auflage im Selbstverlag drucken lassen, die nach einigen Jahren vergriffen war.

Kurz darauf folgte eine ... sensationelle Nachricht: Unser Vorkämpfer Felix Dueball hat von Marseille aus die Seereise nach Japan angetreten. Er war von dem japanischen Multimillionär Baron Okura eingeladen worden, mit seiner Frau ein Jahr lang nach Japan zu kommen, um sich dort im Go-Spiel zu verbessern; Reise und Aufenthaltskosten wurden Ihm vergütet. ...

DerKongreß 1930fand in Rathen (SächsischeSchweiz) statt. Es beteiligten sich Professor Nonnenmacher, Dr. Lasker, Dr. Rosenwald, Hofbauer und sogar ich war mit dabei! ...

Und schon 1931 folgte ein anderes wichtiges Werk, aber nicht von mir sondem vom Weltschachmeister Dr. Lasker: "Brettspiele der Völker". Darin behandelte er das Go noch ausführlicher als das Schach. ...

Kurze Zeit [danach] ... kehrte Herr Dueball aus Japan zurück und hatte für das nächste Go-Treffen in Steinach am Brenner seine Teilnahme zugesagt. ..."Solche Zahlen wurden noch nie erreicht! Man staune: 12 Herren, 6 Damen, 1 Kind, 2 Hunde! ...

Im Jahre 1932 brachte die Wochenschrift für Rätselfreunde "Denken und Raten" in jeder zweiten Nummer zwei Go-Aufgaben mit Diagrammen. Der Kongreß fand in diesem Jahre in Lautenthal (Harz) statt. ... In Berlin und Dresden fanden Vorgabetumiere mit 8 und mehr Teilnehmern statt.

Das nächste Go-Treffen führte acht Begeisterte nach Beiersdorf (Lausitz). ... Bei einem geselligen Abend wurde auf der mit Quadraten versehenen Glastanzdiele wohl zum erstenmal auf der Welt eine Go-Partie mit lebenden Figuren gespielt! Herr Dueball führte die weißen Steine (Herren) und ich die schwarzen (Damen). Dabei ist leider auch einmal ein junges Mädchen getötet worden, aber nur vorübergehend. Materialmangels wegen mußte die spannende Partie bedauerlicherweise bald abgebrochen werden.

1934 ... schrieb die Go-Zeitung: "Das neueste billigste und bunteste Go-Lehrbuch ist soeben im Verlag der Zigarettenfabrik Austria (München) erschienen. Die Firma, die schon seit langem ihren Packungen einen Go-Stein als Zugabe beilegt, hat sich auf meinen Vorschlag bereit erklärt, nun außerdem noch auf 20 verschiedenen Blättern die Regeln des Go-Spiels beizufügen." ...

1936 wurde eine telegraphische Go-Partie zwischen Japan und Deutschland gespielt. Für Deutschland spielte unser Vorkämpfer, Herr F. Dueball, der die schwarzen Steine führte; die weißen Steine hatte der frühere japanische Kultusminister, Herr Hatojama. ... Gewonnen hatte Herr Hatojama, der ja einige Klassen über Herrn Duebell stand. ...

Der 1938 anwesende japanische Go-Meister 5. Grades Fukuda veranstaltete eineGo-Schulungswoche in Schloß Elgersburg. Das große Go-Tumier fand in Berlin vom 11.-13. April statt. 14 der damals stärksten Spieler beteiligten sich. Sieger wurde Dr. Dueball, der Sohn des stärksten Spielers Felix Dueball. Meister Fukuda bereiste im Anschluß an seinen langen Aufenthalt in Berlin ganz Deutschland und besuchte unter anderem die Städte München, Darmstadt, Düsseldorf und Dresden. ...

Am 9. November 1942 erlitt die Go-Welt einen sehr schweren Verlust: ProfessorNonnenmacher, Wien, starb. Seine Sprachbegabung war staunenswert! ... [Er] war in kurzer Zeit so weit, daß er für die Deutsche Go-Zeitung japanische Texte übersetzte. ... Ohne seine liebenswürdige Hilfe wären wir heute im Go noch weit zurück! Das sei nie vergessen! ...

Infolge des Krieges wurde Deutschland in zwei Teile zerrissen und das war für das deutsche Go und seine Anhänger ein schwerer Schlag. Dazu kam noch, daß durch die Bombenangriffe die deutsche Go-Literatur vernichtet wurde. ...

In der DDR entwickelte sich das Go etwas langsamer als in den anderen Staaten, aber es geht aufwärts, wenn auch langsam. Ich schließe meine Zusammenstellung mit einer Variante eines bekannten Bismarckwortes, auch auf die Gefahr hin, daß man mir das als Anmaßung auslegt:

Ich habe das Deutsche Go in den Sattel gesetzt, und es hat bewiesen, daß es ganz gut reiten kann!

Bruno Rüger


[Bibliographie:]

1. Folge: Go-Spiegel-Nachrichtenblatt des DGOB 1965 2/2
2. Folge: Go-Spiegel-Nachrichtenblatt des DGOB 1965 2/3
3. Folge: Deutsche Go-Zeitung des DJGOC 1966 Nr. 1
4. Folge: Informationen des DJGOC 1966 1/3
5. Folge: Deutsche Go-Zeitung 1972 Nr. 6


Geschichte des Go in Deutschland webmaster@tenuki.de Matthias Reimann